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Interview mit Johannes Uschalt

Johannes Uschalt war Lehrer und arbeitet nun in der Landeszentrale für politische Bildung. Dadurch kann er viel über seine Ansichten und Erfahrungen zu Bildung erzählen. Er plädiert dafür mehr kritisches Denken und Identifizieren der eigenen Stärken in den Schulstoff zu integrieren.

„Immer neugierig bleiben, es sich nie zu gemütlich machen und entdecken, was es zu entdecken gibt.“

Johannes Uschalt

Erzähl uns doch einmal kurz ein paar Sätze über dich und deinen Werdegang.

Ich bin Lehrer für Deutsch, Geschichte und Sozialkunde und habe 11 Jahre lang am Dürer-Gymnasium in Nürnberg unterrichtet.  Neben dem Unterricht haben mir zum Beispiel die Betreuung der Schülerzeitung oder die Arbeit mit der Theatergruppe großen Spaß gemacht. Seit 2018 arbeite ich jetzt bei der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit.

Was genau ist dein Job bei der Landeszentrale für politische Bildungsarbeit ?

Meine Arbeit ist sehr abwechslungsreich: Wir machen beispielsweise Materialien für Schulen, drehen Videos für unseren YouTube-Kanal oder organisieren auch Veranstaltungen wie zum Beispiel Diskussionsrunden zu Politik im Fußball, Politik im Rap oder anlässlich von politischen Filmen im Kino. Vor allem beschäftige ich mich mit den Themen Extremismusvorbeugung, Integrations- und Antidiskriminierungsarbeit – mit einem Bereich also, der mir sehr am Herzen liegt.

Du warst vorher selbst Lehrer an einer Schule. Wie sehr hat dich diese Zeit geprägt?

Sehr. Vor allem habe ich viel von den SchülerInnen gelernt.  Das hat mir an dem Beruf besonders gut gefallen; zwar war ich eigentlich die Lehrkraft, aber wenn man den SchülerInnen zugehört hat, dann konnte ich aufgrund ihrer Ideen, ihrer Biographien und ihrer Meinungen und Einschätzungen auch so viel Neues lernen.

Welche Rolle spielt eine gute Schulbildung für dich?

Wenn darunter zu verstehen ist, sämtliche Latein-Vokabeln zu beherrschen oder genau zu wissen, in welchem Jahr der Investiturstreit stattgefunden hat, dann finde ich persönlich Schuldbildung nicht ganz so wichtig. Wenn aber Schulbildung bedeutet, junge Menschen dabei zu unterstützen, zu (selbst-)kritischen, engagierten und mitfühlenden DemokratInnen zu werden, dann gibt es nur wenig Wichtigeres für mich. Und das ist ja das generelle Ziel der Schulbildung, so steht es auch in unserer Verfassung.

Glaubst du, dass in Deutschland Abschlüsse immer noch einen übergeordneten Stellenwert haben?

Ich glaube eigentlich schon, dass Abschlüsse ihre Berechtigung haben; vielleicht hat aber der Weg zum Abschluss einen übergeordneten Stellenwert. Hier würde ich mir wünschen, dass man deutlich macht, dass der Weg zum Wunschabschluss ein ganz unterschiedlicher sein kann. Und dass (junge) Menschen noch mehr dabei unterstützt werden, ihre Ziele und Abschlüsse zu erreichen.

Wenn du unser Bildungssystem anpassen dürftest, was würdest du ändern?

Ich würde versuchen, möglichst viele verpflichtende gemeinsame Fahrten und Aktivitäten jenseits des Unterrichts anzuregen: Schüleraustausch, Auslands- oder Städtefahrten oder auch der gemeinsame Besuch eines Museums, von Theateraufführungen oder eines Konzerts. Das sind teilweise nicht nur Erinnerungen fürs Leben, sondern für mich ein wichtiger Aspekt von (Schul-) Bildung, den man gar nicht genug betonen kann.

Wie können wir uns auf die Digitalisierung vorbereiten bzw. sie in Sachen Schulbildung für uns nutzen?

Keine Angst davor zu haben und trotzdem auch kritisch zu sein, erscheint mir persönlich wichtig, das heißt zum Beispiel mal Instagram und Snapchat auch im Unterricht zu  nutzen und die sicherlich auch tollen Inhalte, die es dort gibt, einzubinden. Gleichzeitig aber auch mit den SchülerInnen darüber zu sprechen, dass nicht jede/r InfluencerIn edle Ziele verfolgt. Ein Ziel sollte es deshalb sein, dass SchülerInnen Medien selbstbewusst und selbstkritisch nutzen können.

Welchen Herausforderungen stehen wir in der Bildungsarbeit sonst noch gegenüber?

Unterschiede zusammenzubringen – Begabungen, Biographien, Interessen – ohne, dass eine Gruppe in der Klasse das Nachsehen hat. Das ist sicherlich eine große Herausforderung.

Welches Startalter für Kinder empfindest du als angemessen im Umgang mit digitalen Medien?

Da kann ich keine pauschale Empfehlung abgeben, weil das natürlich sehr von den Inhalten abhängt. Grundsätzlich – ich antworte jetzt  mal buddhistisch – plädiere ich für eine gesunde Mitte. Schon früh mit digitalen Medien in Berührung zu kommen, scheint für mich völlig okay, wenn Kinder gleichermaßen aber auch mit Dreck, Schlamm und frischer Luft in Berührung kommen. Die Mischung macht es aus – und spannend.

Hattest/ Hast du einen Mentor/in?

Nein, ich hatte keinen Mentor.

Wir glauben an das Prinzip des lebenslangen Lernens. Welchen Tipp hast du für uns dazu?

Immer neugierig bleiben, es sich nie zu gemütlich machen und entdecken, was es zu entdecken gibt – sei dies lediglich in einem Buch oder auch eine Reise in ein unbekanntes Land.

Welchen Rat würdest du deinem 20-jährigen Ich heute geben?

Verzichte auf den Kauf eines neuen Videorecorders oder eines neuen CD-Players  – und gehe ansonsten deine eigenen Wege.